Zeige mir, wie Du haust…“

 

Der behauste Mensch

„Zeige mir, wie Du „haust“, und ich sage Dir, wer Du bist“: So beginnt Kurt E. Beckers Buch „Der behauste Mensch“. Behaust-Sein ist für den Info3-Autor („Der Charisma-Faktor. Glücklichsein mit Sisyphos“) Kulturgeschichte, das Haus ein Resonanzraum des Lebens.

In seiner Einleitung schaut Becker bei „Hempels unters Sofa“. Und was er dort vorfindet, veranlasst ihn zu einer Fundamentalkritik menschlichen Hausens in quasi jedem Winkel der Erde. Wer nun eine Monografie zu den Entgleisungen menschheitlicher Zivilisation, etwa durch den in der Urbanisierung betriebenen Raubbau an der Natur erwartet, ist auf dem Holzweg.

Becker gelingt das Kunststück, 2.500 Jahre abendländische Geistesgeschichte in fiktiven „Gesprächen“ tiefschürfend und zugleich unterhaltsam in der behauste Mensch zu verdichten. Dabei verbindet er wissenschaftlich kritische Forschermanier mit feuilletonistisch gefälliger Leichtigkeit: von „A“ wie „Aristoteles“ bis „Z“ wie Stefan Zweig.

Es werden relevante Werke von 77 Persönlichkeiten unter der erkenntnisleitenden Fragestellung des Hausens und damit verbundener Themen wie der Urbanisierung unter architektonischen, philosophischen, sozialen oder ökonomischen Aspekten „abgeklopft“.  Dabei herausgekommen sind sokratische Dialoge, die jeder für sich, Essentielles zur Situation des Menschen in seinem „Behaust-Sein“ in unterschiedlichen Menschheitsepochen vermitteln.

Das schließt das über alle Zeiten hinweg Gemeinsame den Status des „Unbehaust-Seins“ ein. Und das alles zitierfähig in Originaltexten der Beckerscher „Gesprächspartner“. Etwa, wenn Sigmund Freud von Becker zur psychoanalytischen Sicht auf das Wohnhaus befragt wird. Der Großmeister der Psychoanalyse identifiziert es als Ersatz für den Mutterleib.

Oder Novalis uns wissen lässt, dass wir von der Erde Ökonomie lernen müssen und Aristoteles wiederum die Ökonomie auf die Hauswirtschaft zurückführt. Goethe weist darauf hin, dass wir zwar Fehler begehen, aber keine bauen dürfen.

Selbstredend „interviewt“ Becker, in Anthrowiki in Zusammenhang gebracht mit der Kulmination der Anthroposophie in den Achtzigern im letzten Jahrhundert, auch Rudolf Steiner zu den Formen organischen Lebens im Goetheanum. Zu dessen Entstehung kommt auch Marie Steiner zu Wort.

Kurt E. Becker: Der behauste Mensch. Von vier Wänden und einem Dach über dem Kopf. Im Dialog mit 77 Persönlichkeiten von Aristoteles bis Stefan Zweig, Patmos Verlag, Ostfildern 2021, 22,00 Euro

 

Rainer Monnet, monnet – Unternehmensentwicklung, Freiburg 2021

 

„Ein Charakteristikum des Menschen ist, dass er wohnt und sich einrichtet. Der Wohnraum gehört zur Intimsphäre und darf nur auf Einladung betreten werden.

Wie er »haust«, offenbart viel über einen Menschen. Hinter Häusern, Dörfern, Städten stehen Ideen und Konzepte, Welt- und Menschenbilder. Wohnen hat Voraussetzungen und Begleiterscheinungen, die in ihrem Wandel immer auch das Selbstverständnis des Menschen spiegeln.

Kurt E. Becker reflektiert das Behaustsein des Menschen in 77 »Gesprächen« mit Persönlichkeiten der Kulturgeschichte. Deren Wortmeldungen sind Originaltexte aus über 2000 Jahren – ein Lesevergnügen mit Aha-Effekt.“ Karl König Institut