Farbe bekennen – Wie schön kann Architektur sein
Per pedes streifen meine Frau Barbara und ich gern durch Großstädte. Auf Schusters Rappen verdichten sich Eindrücke und Wahrnehmungen verschiedener Art auf das Angenehmste. Neue Perspektiven öffnen sich unserem Blick. Jetzt im Frühling ergänzt das zarte Abertausendgrün der Büsche und Bäume in wundersamer Weise das Stadtbild. Im Winter erschien uns durch das Grau in Grau vieles noch kontrastreicher. Wir betrachten bizarr anmutende Häuserfluchten und vielfältige Quartiersansichten. Sie gleichen einem unruhigen Gewimmel von Baukörpern, Strukturen, Formen und Farben; sie sind weder synchron noch harmonisch. Verwirrende An- und Einsichten.
Kann Farbe denn in der Architektur nicht auch heilsam sein?
Auch und obwohl Architektur den Zeichen der Zeit folgt. Unser Sinn für Schönheit wandelt sich. Seit Anfang des letzten Jahrhunderts schossen in vielen Städten die Gebäude nur so in die Höhe. Beton setzte sich neben Stahl als vorherrschender Baustoff durch. Später trug der soziale Wohnungsbau ab Mitte der fünfziger Jahre vielerorts zu einer massiven Veränderung der Stadtbilder bei. Eine dritte Entwicklung prägte vor allem die Stadtteile in den Randbereichen und in den weniger besiedelten Gegenden: das Einfamilienhaus.
Bei einem unserer Streifzüge durch eine Vorstadt treffen wir auf ein solches alleinstehendes Haus aus den sechziger Jahren. Der Hausherr wollte vielleicht Gutes. Er ließ sein Haus in einem zitronigen Gelb anstreichen. Wir hätten gerne die Nachbarn befragt, wie sie dieses Farbabenteuer empfinden. Dass sich das Einzelne in das Ganze harmonisch füge, scheint diesem Hausbesitzer abhandengekommen. Hier konnten wir den Siegeszug des persönlichen Geschmacks verfolgen. Solche und andere Eigenarten des behausten Menschen paaren sich gerne mit mangelhaften Fähigkeiten von Architekten. Sie verfügen oftmals über zu wenig ästhetische Sensibilität oder verwechseln Funktionelles mit Ästhetik.
Dies und vieles mehr mag zur Popularität der Abrisskalender geführt haben. Die genannten Beispiele sind nicht als generelle Beurteilung zu verstehen. In nahezu jeder Stadt finden wir Viertel, in denen die Schönheit in der Architektur überwiegt. In historischen Stadtteilen zum Beispiel. Ästhetik ist eben etwas vollkommen anderes als persönlicher Geschmack. Letzterer folgt individuellen Vorlieben und Empfindungen. Er ist vom Ego geprägt, da die Nachbarschaft und das Stadtteilganze nicht mit einbezogen werden. Das Bundesbaugesetz und lokale Vorgaben setzen dem Bauen zwar Grenzen. Allerdings wirken sie nicht positiv auf ein ganzheitlich ästhetisches Stadtbild.
Die Ästhetik in der Architektur ist wie eine eigene Gattung.
Die Strukturen, Materialien, Licht, Farben, Formen und Räume spielen dabei eine entscheidende Rolle. Was bewirkt sie in diesem Kontext, wenn Raum, Flächen und Konturen den Dienst an der Schönheit versagen? Farbe bekennen war einer der Leitsprüche eines bedeutenden innovativen Farbgeistes. Hans-Albrecht Schilling [1] war Farbgestalter für den urbanen Raum und Designer.
Er suchte unentwegt in seinen Projekten mithilfe der Farbe der Architektur etwas Fehlendes zu schenken. „Mich interessiert das städtebauliche Ensemble und die Frage, wie Städte visuell beschaffen sein müssen, damit sie den Menschen guttun.“[2] Seit den fünfziger Jahren schuf er Farben für Gebäude. Über 700 Gebäudefarben entwickelte und mischte er im Laufe seines langen Schaffens von Hand. „Farbgestaltung hat eine dienende Funktion; sie ist immer ein Teil der Gesamtästhetik.“[3]
Schilling verstand sich als Kompositeur von Farbräumen. Farbe kann erhöhen. Stellen wir uns ein Quartier oder gar eine ganze Stadt in zur Architektur und Umgebung ästhetisch passenden Farben vor. Viele unschöne Aspekte der Architektur könnten so harmonisiert werden. Hans-Albrecht Schilling stellte dies vielfach unter Beweis.
Rainer Monnet, Unternehmensentwicklung, monnet.biz
AUSSENANSICHTEN EINES UNTERNEHMENSENTWICKLERS
Architektur kann HEILSAM SEIN.
In historischen Stadtteilen zum Beispiel. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Farbe.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Albrecht_Schilling [2] https://bzb-bremen.de/allgemein/verleihung-der-bremer-auszeichnung-fuer-baukultur-am-14-juli-2022/?q=schillingDie Bremer Auszeichnung für Baukultur würdigt den Künstler und FarbgestalterHans-Albrecht Schilling für diese Verdienste an der Baukultur Bremens und andern- orts. Sein Werk steht für die Integration von Kunst, Farbgestaltung und Architektur und entfaltet seine Wirkung weit über seine Heimatstadt hinaus.
[3] https://www.beck-shop.de/farbe-raum-hans-albrecht-schilling/product/32212708