methodos - Schüler 

 


methodos – Schüler nehmen Abitur selbst in die Hand



Den Bericht über die »Abi-Rebellen« aus Südbaden möchte ich in memoriam mit einer kleinen Geschichte beginnen. In einem Gespräch mit dem Gründer der GLS Bank, Ernst-Wilhelm Barkhoff, kamen wir vor etwa zwanzig Jahren auf eine Schieflage zu sprechen, in der sich viele Waldorfschulen in Deutschland befänden. In der Oberstufe werde zu viel Staatsschule praktiziert, da sich die Oberstufenlehrer mehr als vielleicht nötig an den staatlichen Vorgaben und Zielen orientierten.

Es sei bis dato nicht gelungen, einen staatlich anerkannten Waldorf-Abschluss rechtlich zu etablieren, der dem Rang der allgemeinen Hochschulreife oder zumindest einer Fachhochschulreife gleichgestellt sei. Dadurch bedingt könnten die Angaben Rudolf Steiners für die oberen Klassen nicht oder nur zum Teil in die Tat umgesetzt werden; meist mit der Begründung: Zeitmangel oder Lehrstoffvorgaben der Kultusbehörden.

Eine (Auf-)Lösung dieses Dilemmas der Waldorf-Oberstufe als humanistisches Gymnasium schien Barkhoff die Gründung eines Institutes zur Erlangung der Hochschulreife. Eine klare Grenze zwischen dem 12-jährigen, in sich stimmigen Lehrplan und dem Erlangen der allgemeinen Hochschulreife, dem Abitur, wäre gezogen. Dieser Gedanke gärte lange im Schreiber dieser Zeilen und viele Jahre später sollten die »neuen wilden Schüler« aus Freiburg erste Schritte in diese Richtung tun.

Im Sommer 2007 entwickelte eine Gruppe von 12.-Klässler*innen einer Waldorfschule die Idee, den Weg zum Abitur, ohne Schule, selbst zu realisieren. Was zu Anfang noch ein eher utopischer Impuls war, wurde langsam aber sicher und mit viel Unterstützung von beispielsweise Eltern und einigen Lehrer*innen zu einem greifbaren Projekt.

Fern von festgefahrenen schulischen Hierarchien und Lehrer*innen, die keine Freude daran hatten, auf die Interessen und Anregungen ihrer Schüler*innen einzugehen, sollte eine echte Alternative zum staatlichen Schulsystem geschaffen werden.

Letztendlich war es nur eine Handvoll Schüler*innen, die sich auf den scheinbar unsicheren Weg in Richtung Schulfremdenabitur machten. Vor und in den Sommerferien des Jahres 2007 war viel zu tun: eine rechtliche Grundlage für methodos musste geschaffen, ein geeigneter Raum gefunden, Lehrer*innen angestellt und finanzielle Unterstützung an verschiedensten Stellen angefragt werden. All diese Aufgaben wurden nach und nach angegangen und gelöst, u.a. mithilfe von Eltern und Lehrer*innen. methodos war also nicht von Anfang an ein reines Schüler*innenprojekt, in dem alles völlig selbständig von den Jugendlichen organisiert wird. Mit diesem Anspruch hätte methodos nicht entstehen können.

Seit dem Schuljahr 2007/08 finden sich jedes Jahr erneut Jugendliche und junge Erwachsene zusammen, die den Weg zum Abitur selbständig und eigenverantwortlich angehen möchten. Sich von der Schule abzumelden, vielleicht sogar für das Projekt nach Freiburg umzuziehen und das Selbstvertrauen zu finden, um dem Abitur auf diese Weise entgegenzugehen, erfordert Mut. Gleichzeitig können wir inzwischen jedoch weitgehend auf die Erfahrung der Vorjahre zurückgreifen.


Rainer Monnet – monnet – UE