Sieben Generationen – Eine alte indigene Weisheit für die Welt von heute und morgen

 
 

Nachdenken über die sieben Generationen

Ein Buch, das die Leser zum Nachdenken bringt. Dem Autor Peter Krause gelingt es, einen Bogen von einer uralten indigenen Kultur und Weisheit in die Jetztzeit zu schlagen. Verwunderung und Scham kann die Leser befallen, darüber, dass die ‚Weißhäutigen‘ bislang so wenig von der indianischen Kultur gelernt haben. Viele unserer heutigen globalen Probleme würden sich in Luft auflösen oder relativieren, wenn wir lernten, mit dieser uralten Weisheit zu leben.

Das mag daran liegen, dass Indianer und Nicht-Indianer kaum adäquat miteinander kommunizieren können, weil sie völlig andere Wahrnehmungen von der Welt und ein vollkommen anderes Bewusstsein haben.

sieben generationen
 

Indigene Kultur mit weisheitsvollen Wurzeln

Die ‚Mi>kmaq‘, ein indianischer Stamm heute hauptsächlich in Kanada ansässig, lebt das Prinzip der sieben Generationen. Dieses Volk bringt seit Jahrtausenden Mutter Natur großen Respekt entgegen. Es ist erstaunlich, dass sich die Haudenosaunee bereits im zwölften Jahrhundert unserer Zeitrechnung zu einer Konföderation zusammengeschlossen hatten, die aus fünf später sechs verschiedenen Stämmen bestand. Auf dieser Basis entstand 1200 n. Chr., also zu Zeiten der europäischen Scholastik und dem Bau der großen Kathedralen, eine Verfassung mit 117 Artikeln.

Sie wurde später in die englische Sprache übertragen. Die darin erwähnten ‚Lords for the Confederacy of Five Nations‘ waren Mentoren, welche die gemeinsamen Interessen der konföderierten Völker zu vertreten hatten. Dafür mussten sie als ‚Mentoren‘ bestimmte Fähigkeiten haben oder erlangen, um ihrer Aufgabe gerecht werden zu können. Ihre Haut sollte sieben Spannweiten umfassen – auf diese Metapher wird die Idee der sieben Generationen zurückgeführt. Dies bedeutet, sie sollten gegen Ärger, beleidigende Handlungen und Kritik geschützt sein.

Mit gutem Willen sollten ihre Herzen voller Frieden sein. Ihre Gedanken mögen erfüllt sein mit der Sehnsucht für das Wohl der Menschen in der Konföderation. Ihre Pflichten sollen sie mit endloser Geduld ausüben. Festigkeit soll für ihre Landsleute mit Zärtlichkeit gemildert werden. Weder Ärger noch Wut finden eine Unterkunft in ihrem Verstand. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die menschliche Haut tatsächlich sieben Schichten hat.

 

Alte und neue spirituelle Impulse durch sieben Generationen Denken

Das vorliegende Buch ist in drei Teile gegliedert: Vorzeichen, Bedingungen, und praktische Aspekte. Im ersten Teil leitet Krause das Thema mit Erläuterungen zu einer Generationen-Topografie ein und setzt es in Beziehung mit den Menschen und ihrem Leben. Um in das Bewusstsein der indianischen Völker Einblick zu gewinnen, knüpft der Autor konkrete Bezüge zwischen dem Bewusstsein der Mi>kmaq und unserem neuzeitlichen, westlichen Denken und Wahrnehmen. Im dritten Teil schildert der Autor die Qualitäten eines notwendigen neuen Bewusstseins. Dabei geht er auf ökologische, ökonomische und soziale Dimensionen, wie auch auf philosophische und spirituelle Aspekte ein. Im letzten Abschnitt werden unter dem Titel ‚Weise handeln‘ vier biografische Beispiele geschildert, welche verdeutlichen, wie Individualitäten mit ihren spirituellen Impulsen Veränderungen in die Menschheit trugen.

 

Weit mehr als enkeltauglich – drei Generationen in die Zukunft

Die sieben Generationen erstrecken sich vom Bewusstsein des Handelnden aus gesehen nicht nur in die Zukunft. Es sind zwei Generationen in der Vergangenheit (Eltern und Großeltern), die zentrale Generation selbst, die zwei folgenden (Kinder und Enkelkinder) und zwei weitere Generationen von Ungeborenen. Das von Krause so genannte ‚Sieben-Generationen-Gewahrsein‘ erschreckt sich also über einen Zeitraum etwa 200 Jahren.

 
Die Philosophie der Haudenosaunee kann mit wenigen Worten zusammengefasst werden: in allen Lebensformen zusammenwirken, gegenseitige Hilfe leisten, uneigennützig sein, gegensätzliche Kräfte vereinigen und mit Mutter Natur in Einklang leben. Interessanterweise haben diese indianischen Völker ein ungemein modernes Verständnis über die Rolle der Frauen. Sie stehen im Mittelpunkt aller Dinge. Im Rat der Konföderation kommt ihnen eine besondere Rolle zu; sie haben ein Vorschlags- und Vetorecht beim Rat der Konföderation.

Besonders hervorheben möchte der Rezensent die schöne Sprache und stimmige Ausdrucksweise des Autors, um die Unterschiede zwischen dem Bewusstsein der Indianer und dem unseren zu charakterisieren. Ein besonderes und ausgesprochen lesenswertes Buch.

Rainer Monnet, Freiburg im Oktober 2022

 

Eine alte indigene Weisheit für die Welt von heute und morgen
Peter Krause, Verlag Neue Erde, 2022